Deutsche Gesellschaft für Volkstanz e.V.

Windrose

Orientierungssinn wird das gebraucht oder kann das weg? Das Kreuz bringt uns beim Tanzen Orientierung, und hilft uns beim Zurechtzufinden, bei der Standortbestimmung, beim Üben und beim Tanzen. Dazu einige Gedanken.

Das Gehirn ist vor allem eins: bequem. Das Gehirn ist eigentlich nicht zum Denken da, es ist da, dass uns nichts zustößt und dass wir lange am Leben bleiben. Denken ist ein großer Energiefresser. Ein Hilfsmittel wie ein Navigationsgerät kommt sehr gelegen, da es hilft Energie zu sparen. Wer seinen Orientierungssinn nicht trainiert, geht irgendwann verloren. „Der Mensch hat biologisch gesehen die genetische Anlage zum Navigieren. Diese befähigt uns nicht dazu navigieren zu können, sondern verleiht uns nur die Fähigkeit dazu sie zu erlernen“ (Gerald Hüther, Neurobiologe, Universität Göttingen).
siehe www.3sat.de/wissen/nano/den-orientierungssinn-nicht-verkuemmern-lassen-100

Die räumliche Orientierung wird vor allem durch Bewegung im Raum erlernt. Während die kleinräumige Orientierung in den ersten Lebensjahren eingeübt wird, folgt in den Jahren bis zur Reife das Erlernen der geographischen Orientierung. Diese ist praktisch nur über körperliche Fortbewegung im Raum zu verinnerlichen. Daher ist die Orientierungsfähigkeit besonders bei Menschen nur rudimentär ausgebildet, die in ihrer Kindheit vorwiegend in Fahrzeugen transportiert wurden (Elterntaxi) beziehungsweise wenig Gelegenheit hatten, sich eigenständig fortzubewegen. Jedes vierte Kind wird heutzutage per Auto zur Schule gebracht und solche Eltern nehmen zudem die Gefährdung anderer Kinder in Kauf. Durch die geänderten Lebensumstände des modernen Menschen ist daher die Fähigkeit zu räumlicher Orientierung abnehmend.

Wer sich nur auf das Navi verlässt, wird zum Orientierungs-Analphabeten: Wichtige Vernetzungen im Gehirn bilden sich nicht aus. Der Kabarettist Philip Simon sagte gar: „Ein Navi im Auto ist der erste Schritt zum betreuten Wohnen.“

Den Orientierungssinn nicht verkümmern lassen

Räumliche Orientierung (auch: Raumsinn oder Richtungssinn) ist eine Fähigkeit von Menschen und Tieren, die ihnen hilft, sich im Raum und richtungsbezogen zurechtzufinden und angemessen zu bewegen. Zu diesem Zweck wirken mehrere Sinnesorgane zusammen, vor allem Auge, Ohr, Muskel- und Gleichgewichtssinn.
Kann man seinen Orientierungssinn verbessern?

Tanzen macht schlau, weil dein Gehirn durch die Drehungen und die immerzu wechselnden Eindrücke ideal aktiviert wird. So wird nicht nur deine Aufnahmefähigkeit, sondern auch dein Orientierungssinn gesteigert und deine Fähigkeit des räumlichen Vorstellungsvermögens und logischen Denkens wird verbessert.
Tanzen unterstützt gleich mehrere positive Effekte, so Dr. Eckart von Hirschhausen. Es fördert soziale Kontakte, Einfühlungsvermögen, die Rechts-Links-Koordination und räumliches Vorstellungsvermögen. Außerdem bringt es Freude und das Gehirn lernt am besten, wenn man Freude hat.

Gerne möchte ich das Tanz-Kreuz vorstellen. Wie wir tänzerisch unseren Orientierungssinn trainieren, uns kalibrieren und ausrichten können. Quadrillen tanzen ist hier eine sehr gute Übung. Jederzeit zu wissen, wo ich im Raum stehe, selbst auch nach einer Drehung. Das will gelernt sein.

Bevor wir uns auf die anspruchsvolle und komplexe Bahn des Tanz-Kreuzes machen, einige vereinfachte Übungen voraus. Wir gehen den Weg auf den Kanten eines Quadrats gegen den Uhrzeigersinn. Jede Kante in vier Schritten. Jedoch kreuzen wir nicht unsere Beine bei einer 90-Grad-Richtungsänderung, sondern wählen stets die ungekreuzte kurze Drehbewegung. Bei diesem Fortschreiten ohne Walzbewegung bedeutet dies, dass ich meine Bewegungsrichtung ändere (vorwärts – rückwärts). Beginne ich mit dem rechten Fuß zu laufen, muss ich für die nächste Kante nach der Richtungsänderung im rechten Winkel, rückwärts weiter schreiten. Dann wieder vorwärts und zuletzt wieder rückwärts um auf meinem Startplatz zurückzukehren.

In der nächsten Stufe versuchen wir es mit Polka- oder Schottischschritten gerade aus. Weiter geht es mit Walzerschritten und dann auch mal im Seitgalopp. Probieren wir es beim Seitgalopp mal mit Startausrichtung nach innen und beim nächsten Mal nach außen. Und das gleiche getanzt im Uhrzeigersinn. Als nächstes jede Kante nur mit zwei Schritten abtanzen.

Nun geht’s ans Walzen

Wir starten mit dem Schottisch rund, gefolgt von Polka rund zum Walzer. Achtung! Hier wird nicht mehr gewechselt zwischen vorwärts und rückwärts, sondern zwischen Rechtsdrehung und Linksdrehung. Hier darf gerne vier Takte pro Kante getanzt werden. Aufstellung nach innen und die nächste Runde nach außen, gegen den Uhrzeigersinn und dann mit dem Uhrzeigersinn. Und wenn die Zeit der Pandemie vergangen ist auch wieder mit Tanzpartner:in.

Diese Orientierungsübungen können einzeln, paarweise, zu zweit oder in zwei Paaren auf der gegenüberliegenden Seite, oder auf allen vier Seiten des Quadrats gestartet werden. Die Übung ist auch als Linedance geeignet. Mehrere Teilnehmer stehen mit Abstand auf einer oder mehreren Linien neben- und hintereinander und tanzen gleichzeitig die Wege parallel ab. - Alleine und heimlich üben ist erlaubt. - Mit anderen zusammen macht es sicherlich mehr Spaß. Musik steigert die Freude noch mehr.
Wir haben mit dem Quadrat begonnen, dann wollen wir es auch mal auf den Kanten des Dreiecks, des Sechsecks und des Achtecks probieren. Oder wie wäre es mit dem Quadrat, Dreieck oder Sechseck um 45 Grad gedreht. Im Quadrat schauen wir nicht auf gegenüberliegende Wände, sondern Richtung Raumecken. Wenn das gut geübt ist, lassen sich auch Quadrillen in der Diagonalen aufstellen. Auf der Bühne so getanzt, hat das Publikum einen besseren Einblick in den Tanz. Wir wenden den Zuschauern so auch nicht den Rücken zu. Im irischen Set-Dance wurde früher heimlich mit Freunden oder Nachbarn in den Küchen getanzt. Die X-Aufstellung (in den Ecken des Raumes stehend) braucht weniger Platz als die übliche +-Aufstellung der Quadrillen. Die Übung auf dem Dreieck ist eine gute Basis für Dreipaartänze. Es gibt auch Sechspaartänze (Duzen)
siehe volkstanz.de/data/dokumente/taenze/Bienen-Gespann.pdf

Königsdisziplin: Tanz-Kreuz

Kommen wir nun zur Königsdisziplin, dem Tanz-Kreuz. Wir tanzen auf der Außenkante eines Kreuzes. Wie sollen wir uns das Kreuz vorstellen? An jeder der vier Kanten eines Quadrates stelle man sich ein weiteres Quadrat angeheftet. Wir stellen uns die Außenbahn eines großen Kreuzes auf dem Boden vor. Ein rotes Kreuz oder wer es nicht so blutig haben möchte und eher nüchtern angehen will, kann sich das blaue Kreuz vornehmen. Gegebenenfalls malen wir uns das Kreuz auf dem Boden auf. Diese etwas komplexere Figur tanzen wir genauso wie die vorherigen Figuren ab. Wir können an unterschiedlichen Positionen (Position 1, 12 oder 11) starten, Schrittarten mit und ohne Drehung wählen, mit oder gegen den Uhrzeigersinn tanzen, die Kantenlänge mit einem, zwei oder vier Schritten abtanzen, einzeln oder im Paar starten. Auch hier ist wieder Linedance, mit Partner gegenüber (Position 1 und 7), zu viert auf den vier Ecken starten (Position 1, 4, 7 und 10) wählbar. Es ist auch möglich alle zwölf Positionen oder gar die zusätzlich die zwölf Zwischenpositionen (halb 12, halb 11 usw.) zu besetzen. Startausrichtung nach innen oder nach außen ist zu variieren genauso wie die Ausrichtung zum Raum (parallel oder diagonal) wählbar ist.

 

Das Tanz-Kreuz: Blick nach außen
Das Tanz-Kreuz: Blick nach außen
Das Tanz-Kreuz: Blick nach innen
Das Tanz-Kreuz: Blick nach innen
Linksherum
Linksherum
Als Linedance
Als Linedance
Paarweise
Paarweise
Zu zwölft
Zu zwölft
Mit 24 Tänzer:innen
Mit 24 Tänzer:innen
Mit zwölf Paaren
Mit zwölf Paaren

Tanz mit dem Kreuz

Wer das Kreuz mal in einen Tanz einbauen möchte, hier eignet sich der „Schwarzer Rappen“ oder „Freischütz“ mit der Polka über 16 Takte im Teil D. Da aber für das Kreuz nur zwölf Takte benötigt werden, bleiben noch vier Takte übrig. In diesen vier Takten tanzen wir am Platz je in die vier Himmelsrichtungen (W, S, O, N). Das Himmelsrichtungstanzen wird auch manchmal „Rose“, „Windrose“ oder „Kleeblatt“ genannt.

Noch anspruchsvoller ist der Tanz auf dem Stern. Auch hier wird an eine Ausgangsform (Dreieck, Sechseck oder Achteck) an jeder Kante ein Quadrat angeheftet. Natürlich kann auch anstelle des Quadrats ein Dreieck gewählt werden um spitze Sternformen zu erreichen. So wird unser Orientierungssinn aufs Beste geschult. Und auch ohne Navi darf es heißen: Sie haben Ihr Ziel erreicht!

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