Deutsche Gesellschaft für Volkstanz e.V.

Die DGV-Tanzleiterinnen und -Tanzleiter, die vor einiger Zeit ihre Ausbildung in Berlin abgeschlossen haben, fertigten auch eine schriftliche Arbeit an. Nachdem wir die Arbeiten von Claudia Schier „So tanz(t)en wir! Ein kleines Stück Berliner Volkstanzgeschichte von 1945 bis heute (2011)“ und Jörg Dombrowski „Die Bitterfelder Konferenzen und ihr Einfluss auf die Entwicklung des Volkstanzes in der DDR“ vorgestellt haben, folgt hier die Arbeit von Oliver Schier unter dem Titel „Der deutsche Volkstanz und die Identifikation der politischen Öffentlichkeit heute: vergessen, verdrängt oder gefördert?“

 

Anfrage an den Ausschuss des Bundstages für Medien und Kultur:

Sehr geehrte Frau Professor Grütters,
es gehört zur Aufgabe des Kulturstaatsministers kulturelle Einrichtungen und Projekte von nationaler und gesamtstaatlicher Bedeutung zu fördern, sowie die Rahmenbedingungen von Kunst und Kultur kontinuierlich weiter zu entwickeln und zu verbessern.
Meine Familie und ich pflegen und verbreiten traditionelle deutsche Volkstänze sowie Jugend- und Gemeinschaftstänze und auch in der heutigen Zeit entstehende Tänze. Dies geschieht in den Tanzgruppen unseres Umfelds ausschließlich aus kultureller unpolitischer Motivation und basiert auf der Freude am generationsübergreifenden Tanzen.
Zu unserem Bedauern müssen wir jedoch feststellen, dass die Berliner Volkstanzgruppen jegliche Unterstützung im Sinne der vorgenannten Aufgabenstellungen vermissen.
Im Rahmen meiner Tanzleiterausbildung bei der Deutschen Gesellschaft für Volkstanz (DGV) setze ich mich mit der politischen Förderung des Volkstanzes auseinander. Im Rahmen dieser Betrachtungen ergeben sich für mich folgende Fragen, um deren Beantwortung ich Sie herzlich bitte:
Der Erhalt des immateriellen Kulturerbes im Sinne der UNESCO-Konvention obliegt dem BA für Kultur und Medien. Wie erklärt sich die Zuordnung der LAG Tanz Berlin e. V. als Dachverband/Interessenvertreter (u. a.) der Volkstänzer zu den Bereichen Bildung und Jugendarbeit?
Wie wird sichergestellt, dass eine generationsübergreifende Förderung von Volkstanzerhalt durch Bildung u. Jugend wahrgenommen wird?
Zählen Sie den überlieferten Bestand deutscher Volkstänze zu einem erhaltenswerten immateriellen Kulturgut und wie wird von Ihnen der gegenwärtige Zustand dieses Kulturbereiches eingeschätzt?
Wie könnte der Volkstanz durch den Bereich Kultur und Medien gefördert werden?
Mit welchen Mitteln sehen Sie Möglichkeiten rein kulturelle Aspekte des Volkstanzes von den politisch rechten Randerscheinungen zu trennen?
Welchen Verlauf prognostizieren Sie dem angewandten deutschen Volkstanz vor dem Hintergrund des gegenwärtigen politischen Kontextes und der demografischen Situation?
Ich messe den vorgenannten Fragestellungen eine hohe Bedeutung bei und ersuche Sie um Ihre Unterstützung bei der dringend angezeigten Betrachtung dieser und weiterer wesentlicher Aspekte. Der gegenwärtige Stellenwert des Volkstanzes, dessen unberechtigte Gleichsetzung mit politischer Gesinnung, die zurückhaltende politische Förderung und ein in näherer Zukunft zu befürchtender unwiederbringlicher Kompetenzverlust durch Ableben zahlreicher hoch betagter Volkstänzer erfordern unverzüglich klare Konzepte, die einen Erhalt, einen Wissenstransfer und eine Publizierung des bedeutenden immateriellen Kulturgutes für die Zukunft sicherstellen.
Ihre Antwort erwartend danke ich für Ihre Bemühungen.

Oliver Schier


Antwort von Monika Grütters

Sehr geehrter Herr Schier
vielen Dank für Ihre Fragen. Im Folgenden werde ich mich bemühen, die sehr ins Detail gehenden Fragen so gut es möglich ist, zu beantworten.
Zunächst einmal darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Deutschland die UNESCO-Konvention zum Schutz des immateriellen Kulturerbes bisher nicht ratifiziert hat. Grundsätzlich sind in Deutschland für die Pflege des Brauchtums, hierzu gehört auch der Volkstanz, die Bundesländer zuständig. Der Zuordnung des von Ihnen genannten Vereins zu den Bereichen Bildung und Jugend dürfte also eine Entscheidung des Berliner Senats zu Grunde liegen. Warum diese Zuordnung so erfolgt ist, kann ich leider nicht sagen.
Auch hier muss ich zunächst auf die Zuständigkeit der Länder verweisen, deren Förderpraxis ich aber en detail nicht kenne. Was das Engagement des Bundes angeht, so fördert die Kulturstiftung des Bundes etwa den Tanzkongress als kulturellen Leuchtturm. Auch zwei weitere Fonds „Tanzpartner“ und „Tanzerbe“ werden über die Kulturstiftung des Bundes unterstützt. Darüber hinaus gibt es auch einige Initiativen, die eine Programmförderung durch Bundesministerien erhalten. Dazu zählt unter anderem der Wettbewerb „Jugend tanzt“, der auch in der Kategorie „Volkstanz“ ausgetragen wird.
Die Pflege unseres kulturellen Erbes hat für mich als Kulturpolitikerin große Bedeutung. Zum kulturellen Erbe gehören auch die Volkstänze. Sie helfen, regionale und kulturelle Zugehörigkeitsgefühle zu pflegen, die für den Zusammenhalt der Gesellschaft große Bedeutung haben.
Ich sehe vorerst nur wenig Spielraum für eine regelmäßige und institutionelle Förderung des Volkstanzes durch den Staatsminister für Kultur und Medien. Neben der Zuständigkeit der Länder für die Brauchtumspflege muss auch bedacht werden, dass der Etat des Staatsministers für Kultur und Medien nur einen vergleichsweise geringen Anteil an den Gesamtausgaben für die Kultur in Deutschland ausmacht. Die Länder und Kommunen übernehmen jeweils knapp 45 Prozent der Ausgaben für die Kultur, während der Bund auch aufgrund begrenzter Kompetenzen nur etwas mehr als 10 Prozent der bundesweiten Haushaltsmittel für die Kultur bereitstellt. Aus diesem Grund muss der Bund seine Kulturförderung konzentrieren, um wirksame Anstöße und Impulse geben zu können. Eine Förderung in der Breite ist mit diesem geringen Etat kaum möglich und ist deshalb hinsichtlich der Ressourcen bei den Ländern und Kommunen besser aufgehoben.
Sofern es innerhalb von Volkstanzgruppen Personen gibt, die extremistische Positionen vertreten, sehe ich zunächst die Verbände und Vereine in der Pflicht, auf ihre Mitglieder entsprechend einzuwirken. Für die Politik sehe ich allerdings die Möglichkeit, gegenüber der Öffentlichkeit klarzumachen, dass das bloße Interesse am Volkstanz nicht automatisch eine Affinität zu rechtsextremen Ansichten bedeutet. In den vergangenen Jahren haben die Deutschen aber begonnen, sich ihren kulturellen Traditionen unbefangener zu nähern, so dass falsche Schlüsse wohl nur noch in Einzelfällen zu erwarten sind.
Eine kulturelle Tradition wie der deutsche Volkstanz lebt im Wesentlichen natürlich von der Begeisterungsfähigkeit seiner Anhänger. Die Zukunft des Volkstanzes wird deshalb maßgeblich davon abhängen, wie gut es den Volkstanzgruppen in Deutschland gelingt, auch zukünftig Menschen für ihre Traditionen zu begeistern. Das ist aus meiner Sicht die zentrale Voraussetzung für den Fortbestand des Volkstanzes in Deutschland, die auch unbeschadet des demographischen Wandels ihre Bedeutung behält. Ein solches Werben kann dann durch politische Unterstützung in seiner Reichweite verstärkt werden, es kann das Engagement der Volkstanzgruppen aber mit Sicherheit nicht ersetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Monika Grütters


Wie präsent ist der Volkstanz?

Derzeit wird glücklicherweise noch an zahlreichen Orten der Volkstanz gepflegt und am Leben erhalten. Viele Tänzer, speziell in Ballungsgebieten, engagieren sich in mehreren Gruppen und sind dort jeweils fester Bestandteil der Szene. Aus den nach den 60iger Jahren gewachsenen Strukturen heraus passiert jedoch Vieles vereinzelt und im Verborgenen. In Metropolen wie Berlin und anderen Großstädten ist der Volkstanzabend der Konkurrenz jederzeit abrufbarer attraktiver Alternativen zumeist unterlegen.

Ist der Volkstanz denn überhaupt noch attraktiv? Der praktizierende Volkstänzer könnte dies für sich und seines Gleichen ohne zögern mit „Ja“ beantworten, würde zumeist aber für sein allgemeines Umfeld Einschränkungen machen.

Die Zeiten, in der die Präsenz des Volkstanzes auf den Straßen und Plätzen als Selbstverständlichkeit in Verbindung mit örtlichen und überregionalen Ereignissen verstanden wurde, gehören in den meisten Regionen der Vergangenheit an. Er ist von der einladenden und mitreißenden Geste des Breitentanzes zur Heimpraxis einer schrumpfenden Lobby verkümmert, welche ihre Einzeldarbietungen einem eher skeptischen Publikum präsentiert. Die Erfahrung des miteinander Tanzens mit seiner Eignung zur Massenbegeisterung ist kaum noch erlebbar.

Es ist dem Volkstanz nicht gelungen, einen der klassischen Musik und Theaterkunst vergleichbaren Stellenwert einzunehmen, eben den Stellenwert eines Kulturerbes.

Sofern Einigkeit darüber besteht, dass der Volkstanz nicht einem vergänglichen Musiktrend gleichzusetzen ist, ergibt sich die Notwendigkeit aus der gruppeninternen Abgeschiedenheit herauszutreten und am Außenbild des Volkstanzes zu arbeiten. Eine zu bewältigende Aufgabe für jeden, der sich von der generationsübergreifenden Begeisterung des Volks-tanzes hat anstecken lassen.

Diese Arbeit erfordert die Verknüpfung wirkungsvoller Ideen und Konzepte und der Vernetzung der Gruppen und Regionen für den Austausch von Erfahrungen.

Verknüpfung von Ideen und Konzepten

Die Verbindungen der Gruppen untereinander bedürfen zur Beschleunigung von Kommunikationsprozessen der Optimierung von Netzwerken und Strukturen. Verbände und Gesellschaften wie die DGV sind geeignet, die dafür erforderliche Basis zu schaffen. Der jeweilige Ausgangspunkt sind die Mitgliedsgruppen dieser Organisationen. Wir müssen jedoch feststellen, dass eine Übersicht der Mitgliedsgruppen, deren Anschriften und Ansprechpartner bisher nicht intern veröffentlicht werden. Diese Verfahrensweise sollte aus meiner Sicht dringend überdacht werden und eine interne Datenbank oder Übersicht innerhalb der Organisation bereitgestellt werden.

Der Ausbau der Reichweite einer breiten Begeisterung und eines Interesses am Erhalt dieses Kulturguts beginnt mit der Bildung einer ausgeprägten Reichweite innerhalb der regionalen und überregionalen Volkstanzgruppen, mit der Bildung einer gemeinsamen Kraft.

Im Gegensatz zu einer weiterführenden Abgrenzung deutscher Traditionen von multikulturellen Einflüssen, führt auch die Vermischung internationaler Kulturen und Tänze zur Entfaltung einer gruppenverbindenden Wirkung.

Es ist bemerkenswert, in welcher Art und Weise junge Menschen mit ausländischen Wurzeln sich nach wie vor mit ihren tänzerischen Traditionen identifizieren. Der deutsche Volkstanz tut gut daran, sich davon anstecken zu lassen und wieder vergleichbare Selbstverständ- lichkeiten entstehen zu lassen.

Einen Zusammenhalt der parallelen Tanzwelten können zumeist die Landesarbeitsgemeinschaften Tanz geben. Deren multikulturelle Ausrichtung findet zudem auch politische Zustimmung der Institutionen. Leider wirken die deutschen Tänzer nicht selten nur im Randbereich des Spektrums der LAGen. Hier zeigt sich erneut ein Handlungsfeld auf.

Der Bedarf an konzeptioneller Arbeit aktiver Volkstänzer nimmt in den letzten Jahren an Bedeutung zu, was an dem mittlerweile erkennbaren Trend zur Bildung von Netzwerken und Foren erkennbar ist.

Eine Zielsetzung, die zum Beispiel die Landesarbeitsgemeinschaft Tanz Hessen e. V. zum Thema des Volkstanzsymposiums machte:

Volkstanz-Symposium in Frankfurt am Main

„Den Volkstanz sicher und gestärkt in die Zukunft zu geleiten, wird eine zentrale Aufgabe in den nächsten Jahren sein. Wir möchten die Zukunft gestalten und gemeinsam darüber nachdenken, wie wir zu einem verbesserten Image kommen, Menschen für den Volkstanz begeistern und aktive Mitstreiter für unsere Verbände und Institutionen gewinnen können.

Das Volkstanz-Symposium des deutschen und internationalen Volkstanzes in Hessen mag der Beginn einer nachhaltigen Vernetzung untereinander sein und zu einer gemeinsamen Darstellung gegenüber der Politik führen, um die Notwendigkeit der Förderung einer lebendigen Volkstanzkultur für alle Altersschichten zu verdeutlichen.“ [5]

Analog des Symposiums in Hessen ist auch in Baden-Württemberg die Durchführung eines Symposiums im Februar 2011 geplant, welches unter politischer Schirmherrschaft steht und den Austausch mit Politikern auf Landesebene sucht.

Volkstanz-Symposium Baden-Württemberg

„Samstag, 19. Februar 2011, 10 - 18 Uhr, Haus der Heimat, Stuttgart
Volkstanz ist in Baden-Württemberg ein großes Thema – zumindest im Kleinen. Viele Verbände, Vereine und Einzelpersonen beschäftigen sich mit Volkstanz und viel passiert parallel, ohne Verbindung zueinander.

Mit diesem Symposium wollen wir die Volkstanztreibenden in Baden-Württemberg ein wenig näher zueinander führen und Möglichkeiten für die Zukunft des Volkstanzes finden.

Mit einem Referat zum Thema und interessanten Themen in Kleingruppen, wollen wir uns gemeinsam mit dem Volkstanz auseinandersetzen, um dann abschließend – kurz vor der Landtagswahl – mit Vertretern der Landtagsfraktionen zu diskutieren und der Politik die Notwendigkeit der Förderung einer lebendigen Volkstanzkultur für alle Altersschichten zu verdeutlichen.“ [6]

Erste Zielsetzung bei der Bündelung der Kräfte ist also die Verknüpfung der Erfahrungen und Vorstellungen sowie die damit einhergehende Reanimierung des in der Vergangenheit stagnierenden Dialogs mit den politischen Verantwortlichen!

Die Macht der Medien

Rund um die Uhr werden wir in diverser Form von medialer Berichterstattung eingehüllt. Wir sind mehr oder weniger freiwillig Konsumenten dessen, was systematisch in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit gerückt wird.

Wir finden uns zeitweise im Einklang mit den Berichterstattern wieder und artikulieren unsere Meinung als Erwartungshaltung an Politik, Wirtschaft oder Öffentlichkeit.

Auch über die jeweiligen politischen Konsequenzen sind wir uns mit den Journalisten und Kommentatoren einig: Politiker und Beamte gelten solange als Versager, bis diese die Grenzen ihrer Möglichkeiten vor der Kamera nachvollziehbar darstellen können. Die Medien stürzen sich in gewohnter Art und Weise auf die Ministerien und deren Köpfe aus den Regierungsparteien. Der Politiker ist gut damit beraten, seine Worte in den Stellungnahmen seiner Pressemitteilungen wohl zu überlegen. In unabgewogenen Äußerungen vor laufenden Kameras und Mikrophonen steckt immer Zündstoff für vorzeitige Beendigungen politischer Karrieren.

Der Politiker ist daher auch geübt darin, vor seinen Äußerungen in der Öffentlichkeit das Meinungsbild von Medien und Volk auszuloten und in diesem Spektrum einen für ihn vertretbaren politischen Weg darzustellen. Er bestimmt sein Handeln sicher immer nach seinem persönlichen Gewissen, doch erfolgreich ist nur der, dem es gelingt so zu handeln, dass er Volks- und Medienerwartungen mit dem Programm seiner Partei und seinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen.

Vergleichbaren Zündstoff für politische Karrieren liefern die innerdeutschen Konflikte einer multikulturellen Gesellschaft. Der Politiker schuldet der Öffentlichkeit eine makellose Position, die jegliche Parallelen vergangener Machtsysteme ausschließt. Eine Differenzierung im Umgang mit einzelnen Sachthemen wird so lange vermieden, bis Medien und Volk oder die Wirtschaft mit ihrer Sensibilität an den Politiker herantritt und dieser die Verantwortung nicht delegieren kann oder wenigstens seine Handlungsunfähigkeit aus wirtschaftlichen Grund nachvollziehbar verständlich machen kann.

Was erwarten wir Volkstänzer von der Politik? Was erwarten die Medien von der Politik? Letzteres ist leicht zu interpretieren: berichtet wird nur das, was die Konsumenten interessiert. Volkstanz ist dabei nur eine Randerscheinung. Das schleichende Entschwinden eines Kulturerbes enthält (zu recht) nicht so viel emotionalen Zündstoff wie zahlreiche andere Schlagzeilen. Doch ist es angemessen, den Erhalt unserer Traditionen zum Beispiel hinter die Diskussion um Ladenschließzeiten anzustellen?

Der Begriff Volkstanz ist solange der breiten Öffentlichkeit aus dem Fokus geraten, dass mit dem Begriff allein schon Aufklärungsarbeit verbunden werden muss. Nachbar und Beamter, Journalist und Politiker haben gleichermaßen keine Vorstellung davon, wie sich der Volkstanz vom Radioprogramm unterscheidet oder sogar vom Schuhplattler differenzieren kann. Der Volkstanz als getanzte Lebensfreude, wie eine kleine Zeitschrift ihren Bericht über eine örtliche Veranstaltung betitelte, wird erst greifbar, sofern praktische Berührungspunkte für den Außenstehenden erfahrbar wurden.

Zurückblickend fühlen wir uns als Konsumenten meist im breiten Strom des allgemeinen Tenors wohl. Angenehmer als in Randpositionen. Es ist leider nur wenigen Inhalten vergönnt, in uns eine Eigeninitiative zu begründen, welche auch nachhaltig Engagement für die Sache nach sich zieht. Ohne mediale Stimulation jedoch sinkt die Rate der Themen, denen Eigenengagement vergönnt ist nochmals erheblich und reduziert sich wieder auf Insider. Überwiegend binden die nachrückenden Themen, Styles oder Events unsere Aufmerksamkeit. Wahrscheinlich wieder ein Ergebnis medialer Beeinflussung.

Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt

Huhn legt Ei, ohne Ei kein Huhn. Die Politik delegiert das Wecken von Interesse am Erhalt des Volkstanzes an die Gruppen. Wir stehen nun da mit der Absicht einen Teufelskreis zu durchbrechen. Ohne Öffentlichkeit keine Medien, ohne Medien kein Interesse, ohne Interesse keine Öffentlichkeit.
Jeder Weg beginnt damit, dass ein erster Schritt getan wird, egal wie weit das Ziel entfernt ist. Erste Schritte sind getan: Die Gruppen beschränken sich in den letzten Jahren nicht auf die Bewegung zur Musik. Die Tänzerinnen und Tänzer befassen sich mit dem Zustand des Volkstanzes, mit den Problemen der Nachwuchsgewinnung und mit der Überalterung der Gruppen. Es hat eine Sensibilisierung begonnen. Sie geht nun aus der Isolation in den Gruppen raus, geht in den Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten. Die Veranstaltung von Symposien ist ein geeignetes Forum mit Öffentlichkeit und mit Zugang zu Politik.

Wir müssen es als unsere Aufgabe verstehen, den Volkstanz als gelebte Lebensfreude wieder in den Blickwinkel des Betrachters zu rücken, Medien und Öffentlichkeit anzusprechen und wo immer möglich unsere Präsenz auf den Straßen und Plätzen, auf den Festen und Veranstaltungen auszubauen.
Die Medien sind offen für Konzepte oder Projekte, die deutlich machen, dass multikulturelle Akzeptanz einen Gewinn für das Miteinander aller in Deutschland darstellt. Gelingt es uns, Aspekte wie diesen mit unseren Erwartungshaltungen an die Politik zu verknüpfen, gelingt es uns eine breitere Präsenz zu entwickeln und gelingt es uns damit journalistische Aufmerksamkeit zu erzeugen. So fördern wir die Aufmerksamkeit der Politiker. Hat unser Anliegen eine nennenswerte Popularität erlangt, so kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der geneigte Politiker seinem Wähler die uneingeschränkte Unterstützung im Rahmen seiner gegebenen Möglichkeiten zusagt und mit etwas Glück auch umsetzt. Damit wären wir schon einen nennenswerten Schritt weiter auf dem richtigen Weg.

Zeit für Strategien

Bei aller Unbeschwertheit, welche Musik und Tanz in uns Volkstänzern freimacht, nimmt ein Engagement für den gesellschaftspolitischen Erhalt des Kulturgutes Volkstanz einen zunehmenden Stellenwert ein. Die Sorge um den Weiterbestand und die problematische Gewinnung von Interessenten und Nachwuchs ist längst keine Einzelerscheinung mehr. In zahlreichen Gruppen setzt man sich in den letzten Jahren mit dieser Thematik auseinander und tritt gegenseitig in Erfahrungsaustausch.

Die Volkstanzgruppen nutzen Begegnungen auf Tanzfesten und Lehrgängen und zunehmend auf Symposien, um fachliche Kompetenz in die thematische Arbeit einzubinden und in gemeinsamen Prozessen strategische Wegweisungen zu erarbeiten.

Kernpunkte sind dabei einerseits die analytische Aufarbeitung regionaler Zustände und andererseits die Verknüpfung von Ideen und Konzepten. Maßgeblich für die öffentliche Wahrnehmung ist auch dabei der Reflektionsgrad in Politik und Medien. Die Einbindung politischer Schirmherrschaften wirkt dabei elementar.

Die enge Kommunikation mit den Verantwortlichen für Kultur und Bildung stellt einen wesentlichen Baustein zur Erlangung wirksamer öffentlicher Förderung dar. Ohne ein beidseitiges Verständnis für die Sichtweisen und Interessen ist eine politische Identifikation nicht denkbar.

Die Aufarbeitung derartiger Erfahrungen verlässt auf den eingeschlagenen Wegen zunehmend örtliche und regionale Strukturen. Vorreiter hierfür sind die vorgenannten Symposien in Hessen und Baden Württemberg. Hier zeigt sich der Erfolg einer Zusammenarbeit von Verbänden, Gruppen und Dachorganisationen. Die Ausweitung der beispielhaften Herangehensweisen auf andere Bundesländer sollte im Interesse der Gruppen liegen, in deren Region die strukturelle Kommunikation noch nicht so ausgeprägt ist.

Im Weiteren gilt es, zunächst auf Länderebene als dann auch auf Bundesebene aus dem Dialog mit der Politik Konzepte und Verbindlichkeiten erwachsen zu lassen. Jedoch sollte dabei klargestellt sein, dass nur ein Zusammenwirken von gruppendynamischer Außenwirkung, Publikumszuwachs, medialem Interesse und politischer Förderung in seiner Gesamtheit eine Aussicht auf Erfolg haben kann.

Vergleichbar professioneller Vermarktungsstrategien in der Kosumgüterindustrie sind für den Volkstanz Konzepte zu erarbeiten, die den Markt analysieren, die Zielgruppe fokussieren und medial unterstützt die richtigen Argumente im gesellschaftlichen Umfeld platzieren. Das positive Image des Volkstanzes hängt jedoch maßgeblich von einem ausschließlich kulturellen und unpolitischen Motivationskern ab, welcher durch kommunale, institutionelle Förderung gestärkt wird und politischen Rückhalt erfährt.

Im Kern kristallisieren sich folgende Meilensteine auf dem Weg der Volkstanzerhaltung heraus:

  • Verstärkte Einbindung der Öffentlichkeit in die Begeisterung für generations- und kulturübergreifenden Tanz und Tradition
  • Verstärkung der Kontakte unter den Volkstanzgruppen und Arbeitskreisen
  • Erstellung von organisationsinternen Kontaktlisten (zum Beispiel DGV)
  • Bildung von regionalen „Stammtischen“ als offenes regionales Kommunikationsforum
  • Bündelung regionaler und überregionaler Erfahrungen in Arbeitskreisen, Workshops, Fachtagungen und Symposien
  • Einbindung politisch Verantwortlicher in die Erarbeitung von Konzepten und Projekten
  • Konzeptionierung einer strukturierten Öffentlichkeitsarbeit
  • Knüpfung eines bundesweiten Netzwerkes für die Nutzung von Ergebnissen und Synergien
  • Stärkung des Stellenwertes vom Volkstanz in den Bundesverbänden
  • Pflege eines intensiven Dialogs mit Politikern aus kommunaler und regionaler Ebene sowie auf Landes- und Bundesebene

Die vorgenannten Annahmen, Eindrücke und Thesen spiegeln zunächst im Wesentlichen meine eigenen Interpretationen der gegenwärtigen Situation wieder und erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. In verschiedenen Gesprächen mit Volkstänzern, Tanzleitern und Funktionären durfte ich jedoch feststellen, dass meine Gesprächspartner vergleichbare Erfahrungen reflektieren. Gerade die Tatsache, dass an dieser Stelle noch keine verbindlichen Tatsachen und Erkenntnisse und fertige Lösungen zusammengefasst werden können, zeigt die Notwendigkeit eines aktiven regionalen und überregionalen Gedankenaustauschs. Nur auf der Basis kollektiv zusammengefasster Fakten und Vorstellungen wird es gelingen, nachhaltige Strategien zu erarbeiten und deren Umsetzung wirksam zu begleiten. Ich bin davon überzeugt, dass das im Vorgenannten lediglich als Ansatz zu werten ist und einer weiteren Vertiefung und Detaillierung in der Zukunft bedarf.

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